Neuer Text
Samstag, 22.4., Heimreise: 4:30 Uhr, ich bin ohnehin wach - schnell noch die letzten Dinge in der Gepäckrolle verstaut, den Rucksack gepackt und kontrolliert, ob ich nicht irgendetwas vergessen habe - nein, alles beisammen - es kann also losgehen.
Pünktlich um 5 Uhr werde ich von einem Fahrer abgeholt, es ist Samstag, der freie Tag in Nepal und es hat daher keinen nennenswerten Verkehr. Die Fahrt zum Flughafen ist sehr schnell bewältigt, am Flughafen stauen sich schon jetzt die Massen, alle wollen wohl nach Hause 😉. Die Schlange ist recht lang, kontrolliert wird alles, Schuhe müssen sogar ausgezogen werden. Dafür geht es erstaunlich schnell. 7:30 sollte das Flugzeug starten, angekündigt ist es jetzt aber für 8:25 - auch kein Problem, in Istanbul habe ich jede Menge Zeit, es sind immerhin ca. 3 Stunden, die ich überbrücken darf.
Sieben Stunden "herumsitzen" - ein paar Filme schauen - es gibt da welche, die ich noch nicht gesehen habe, Verpflegt werden wir ausgezeichnet, ich bin zufrieden. Recht pünktlich kommen wir in Istanbul an - und oje - der Türkish Airlines Flieger nach Wien geht nicht um 17:25 Uhr sondern ist um eine Stunde verzögert - also ist Warten angesagt. Aus der einen Stunde werden dann eineinhalb Stunden und um 18:55 Ortszeit geht es dann los. Zwischenzeitlich mal wieder etwas essen, in dem Einkaufszentrum (eigentlich ist das kein Flughafen) herumspaziert und ein paar türkische Köstlichkeiten für Daheim gekauft. Nebenbei wird noch der die kommenden Tage beginnende Ramadan angekündigt, für Kinder in einer eigenen Spielwelt.
20:30 endlich in Wien - verspätet, aber gut gelandet ... raus aus dem Flieger, zum Gepäckband ... warten ... und es kummt net, kummt net, kummt net ... meins - aber anscheinend auch andere Gepäckstücke von anderen Reisenden, haben sie wohl vergessen - tja, eine Verlustmeldung aufgegeben und Warten auf mein Gepäck ist angesagt ...
... am Dienstag, drei Tage später, bekomme ich dann an einen Anruf, wann sie denn mein Gepäck zu Hause vorbeibringen dürfen ... um 21 Uhr läutet ein Fahrer an der Haustür, entschuldigt sich und händigt mir meine Gepäckrolle aus. Alles ist vorhanden, nichts fehlt. Übrigens meint der Fahrer, dass das in letzter Zeit sehr sehr häufig passiert und er pausenlos Gepäck ausliefern muss ...
Das war's also mit der Nepaltour ... ein entsprechendes Fazit ist nicht ganz einfach - ich werde mir noch eins überlegen. Verarbeiten muss ich das Erlebte auch erst noch, auch das ist nicht so ganz einfach. Ich bin sicher, dass die Verarbeitung mit der Aufarbeitung des vorliegenden Berichts passiert. Es kommen dann die Gedanken, die Gefühle vom Erlebten wieder - es wird das Schreiben eines Fazits erleichtern ...
... bis dahin ... 😉 ...
… mittlerweile bin ich schon wieder drei Wochen zu Hause, doch ein Fazit … das fällt mir wirklich immer noch schwer. Es war nach einer Tour, nach einer Unternehmung, noch nie sooooooo schwer, die richtigen Worte zu finden.
Das mag zum einen an den sehr vielfältigen Eindrücken liegen, zum anderen aber auch in der Tatsache begründet sein, dass ich diesmal nicht allein unterwegs war und daher während der Tour nur mäßig meine täglichen Eindrücke verarbeiten konnte.
Lasst mich mit dem ersten Punkt beginnen: zunächst habe ich nicht erwartet, dass ich bei der „Vorbereitungstour“ von Shivalaya nach Lukla der einzige Teilnehmer war – das hat mich zumindest die ersten zwei Tage sehr irritiert. Mingma, er wird es vorher gewusst haben, aber für ihn war diese Tatsache eventuell auch nicht ganz simpel, ich werde ihn dazu mal befragen, wird es möglicherweise ähnlich gegangen sein. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass genau diese Erfahrung, allein mit meinem Guide (mittlerweile Freund) unterwegs gewesen zu sein, eine sehr sehr schöne Erfahrung war, die ich sehr genossen habe. Auch wenn ich anfänglich mit schlechtem Gewissen mit „meinem persönlichen“ Guide Mingma und „meinem persönlichen“ Träger, Revin, ganz alleine unterwegs war – vielleicht versteht ihr es. Ich habe in diesen 6 Tagen durch Mingma so viel von der Kultur seines Landes Nepal erfahren, was in einer größeren Gruppe vermutlich nicht möglich gewesen wäre. Ich danke dir Mingma sehr dafür. Du hast mir mit deiner Art dein Leben und deinen Buddhismus – die Philosophie diese Lebensart/Glaubensrichtung zu leben – mein Leben sehr bereichert. Es waren natürlich nicht nur die ersten Tage, sondern begleitet durch die gesamte Tour; doch die ersten sechs Tage waren echt die intensivsten.
Dann hat sich die erste Woche noch massiv durch die „Einsamkeit“ vom zweiten Teil der Tour unterschieden. Wir sind durch das ländliche vorgebirgige Nepal gegangen/gewandert/getrekkt. Das war für meine Seele ausgesprochen erholsam, auch wenn es durch das permanente Stiegensteigen nahezu zur Tortour wurde – aber dies ist Nepal mittlerweile FAST verziehen – mein Knie ist noch nicht ganz wiederhergestellt, aber es wird. Für jede:n, die/der intakte Gelenke hat, kann ich diese Tour nur ausdrücklich empfehlen – diese Tour ist nachhaltig in meiner Seele verankert …
Der zweite Teil der Tour war körperlich bei weitem nicht so herausfordernd wie die erste Woche, auch wenn die zweite Woche einige Tage über 4.000 Meter, bis zur Gokyo Ri Gipfelbesteigung auf 5.357m, angesiedelt war. Was den zweiten Teil, also die weiteren 12 Tage dann spannend gemacht hat, war die Gruppendynamik mit „meinen“ drei Ladies (ich hätte sie gerne als drei Mädels bezeichnet, aber es gab da leider, nicht von allen, Widerstand – wir haben uns dann auf die eher förmliche Anrede/Bezeichnung Ladies geeinigt – ich bedauere das im Nachhinein immer noch).
Wie schon erwähnt, bin ich zu Hause meistens allein unterwegs und dies ganz bewusst. Ein Wandern/Trekken in einer Gruppe, daran musste ich mich erst gewöhnen. Wir hatten viele „Temperatur“ Diskussionen, doch aus der Tourbeschreibung von Hauser-Exkursionen geht klar hervor, was Teilnehmer:innen auf dem Gokyo Trek erwartet. Es wird ein Schlafsack mit einem Komfortlimit von -10°C für die Monate März/April empfohlen, für Januar/Februar bis -15°C.
Beschrieben ist auch, dass die Lodges nur am Abend beheizt werden. Daher ist mit kalten Nächten und mit nicht geheizten Zimmern, Sanitäranlagen, Wascheinrichtungen und morgendlichem kühlen Frühstücksbedingungen zu rechnen. Die Diskussionen habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden; zugegeben, es war oft nicht angenehm warm, aber es war klar, dass wir mit diesem genauso rechnen mussten. Tatsächlich waren wir mit „unserem“ Wetter sehr gesegnet, auch wenn es vermutlich in anderen Jahren im April deutlich beständiger war … wir hatten sehr viel Glück mit diesen Wetterbedingungen und sind zu keiner Zeit nass geworden, das Regenzeug hätten wir auch zu Hause lassen können. Zwei Wochen vor unserer Tour – und das ist für diese Jahreszeit in Nepal sehr außergewöhnlich – hat es ab 3.000 Metern Schnee zuhauf gegeben. Wir wären dann zumindest durch einen halben Meter Schnee gewandert (Mingma berichtete davon) – sehr „romantisch“ und abenteuerlich, doch auch sehr anstrengend. Die „Nachwirkungen“ des Schneefalls habe ich noch am Überqueren des Passes Lamjura La (3.530m) gespürt. Wir sind dort ein paar Kilometer durch Schnee gestapft. Auch jetzt, vier Wochen nach der Tour, bin ich mit Mingma in WhatsApp Kontakt und er hat mir Bilder von einer seiner nachfolgenden Touren aus dem Annapurna Gebiet geschickt … und diese kleine Gruppe hatte echt viel Schnee … also nehmt es wie es kommt … und für uns, war es einfach PERFEKT …
Der zweite Teil der Tour, von Lukla nach Pangpoche, war dann sehr touristisch geprägt. Unfassbar viele Menschen, viele Yak-Karawanen; ist ja auch klar, es müssen alle Trekker/Bergsteiger zumindest mal diesen „Ast“ des Weges gehen, wenn sie zum Everest und seinem Base Camp oder generell in das Khumjung Gebiet wollen. Es gibt halt keinen anderen Weg … und auch das ist schon sehr sehr krass … jeder, der dorthin möchte, muss dort entlang gehen … ohne Ausnahme … oder er/sie lässt sich mit einem Helikopter einfliegen … es ist schlichtweg der EINZIGE Weg!!! Auf der anderen Seite möchte ich auch diese Erfahrung nicht missen, denn ich weiß, dass alle Bergsteigergrößen, wie Gerlinde Kaltenbrunner, Peter Habeler (ich darf diese beiden Bergsteigergrößen eine wenig meine Freunde nennen), Reinhold Messner, Hans Kammerlander aber auch die Pioniere Edmund Hillary und Tenzing Norgay sowie alle anderen, die in diese Region wollten und in Zukunft auch möchten, diesen Weg gegangen sind oder gehen werden. Auch das ist faszinierend, zumindest einmal auf einem Teil des Wegs der Pioniere unterwegs gewesen zu sein.
Das Gokyo-Tal, der westliche „Schlenker“ von der Ama Dablam in dieses Tal, war dann sehr viel „ruhiger“ – es war wesentlich angenehmer. Die Besteigung des „Hügels“, des Gokyo Ri (der Berg möge mir die Bezeichnung Hügel verzeihen, denn ich habe tatsächlich Respekt vor dem Berg) und die über 5.360 Meter, die ich erreicht habe, machen mich irgendwie auch sehr stolz. Ich habe vor der Tour nicht gewusst, wie ich mit der Höhe umgehe, denn meine bisher höchste, erwanderte/erkletterte Höhe war der Großglockner mit seinen 3.798 Metern im letzten Jahr.
Was dann in Kathmandu folgte (und auch währende der gesamten Tour, Stupas, Klöster etc.) ist ein weiteres Kapitel. Buddhismus (eher im nördlichen Nepal) und Hinduismus in der gelebten Form zu sehen, ist eine sehr besondere Erfahrung. Allerdings sind Scheiterhaufen-Bestattungen im Fernsehen zu sehen etwas Anderes, als sie selbst mitzuerleben. Auch das war eine sehr intensive Erfahrung, die es zu verarbeiten gilt … wie so viele anderen Erlebnisse meines letzten Tages in Nepal.
Dieses Fazit zu erstellen, beginne ich erst jetzt richtig intensiv anzugehen. Das Erlebte ist in irgendeiner Form täglich präsent, es muss aber immer noch reifen – ihr merkt es eventuell beim Lesen.
Am Anfang stand das Überarbeiten des Blogs und das Beseitigen der vielen Fehler, jetzt geht es um die Übertragung des Geschriebenen und der Fotos in eine Word Datei, aber auch um das Nachlesen des Geschriebenen, um es dann anschließend als Buch zu veröffentlichen. Die Auseinandersetzung mit dem Erlebtem, was in den drei Wochen auf mich „eingestürmt“ ist und mich dem Erlebten zu stellen, ist sehr schwierig – daher ist dieses hier ein sehr ehrliches, aus dem „Bauch heraus“ geschriebenes Statement; meine weitere persönliche und tiefere Aufarbeitung wird tatsächlich noch einige Zeit brauchen …
Ein Fazit bleibt allerdings … so wie die all die anderen Jahre …
NACH DER TOUR IST VOR DER TOUR
…. und diese wird mich sehr wahrscheinlich ab dem 10. Juni von Ost nach West durch Österreich auf die Austrian Seven Summits bringen – der Großglockner ist ausgenommen, da ich diesen schon letztes Jahr bestiegen habe …
Die Verarbeitung des Gokyo Lodge-Trekkings geht weiter ... es sind nur noch wenige Tage bis zu meinem nächsten "Abenteuer" auf das ich mit mittlerweile sehr sehr freue ... aber letztes Wochenende (heute schreibe ich den 6.6.) ist mir der folgende Artikel aus dem Spiegel von 2017 unter die Finger gekommen. Ich google immer noch den Trek, schaue Videos, irgendwelche Filme und schwelge immens in Erinnerungen und stoße daher auf interessante Beiträge.
Lasst mich aber zu dem Artikel kommen, den ich hier zitieren möchte. Aus dem geht hervor, dass ich doch die richtige Tour gewählt habe: das Gokyo-Tal ist zurzeit noch nicht überlaufen und die Aussicht vom Gokyo Ri auf den Everest, Lhotse ist um Klassen besser als vom Everest Base Camp - wenn es also nicht um irgendwelche Namen geht (meint ist das Everest Base Camp), dann wählt diese Tour. Hier aber das Zitat:
Gokyo-Trek im Himalaya - Vergesst den Everest (Der Spiegel, von Claus Hecking, 01.12.2017, 04.22 Uhr)
Der Trek zum berühmten Everest Base Camp ist zur Hochsaison heillos überlaufen. Sehr viel einsamer und schöner dagegen ist der Weg nach Gokyo - bessere Aussichten auf die Achttausender bietet er allemal.
Als die Sonne aufgeht über dem Himalaya, stiehlt der Cho Oyu dem Mount Everest die Show. Erst pastellrosa, dann orangerot schimmert die schneebedeckte Südwand des sechsthöchsten Berges der Erde. Immer weiter wandern die ersten Lichtstrahlen den Hunderte Meter dicken Gletscher hinab. Dann glüht plötzlich auch der Gipfel des Everest. Und dann der Lhotse. Und der Makalu. Und dann weiß man gar nicht mehr, wohin man gerade schauen soll hier oben am Gokyo Ri, 5360 Meter über dem Meeresspiegel: auf einen der vier Achttausender, die sich von diesem Aussichtsberg aus bewundern lassen? Auf den größten Gletscher Nepals? Auf das Amphitheater aus all den wilden Fünf-, Sechs-, Siebentausendern rundherum? Oder auf die beiden türkisfarben schimmernden Seen am Fuß der Gesteinsmassen?
Punkt sechs Uhr früh. Zwei junge Franzosen keuchen die letzten Felsblöcke hoch zur Spitze des Gokyo Ri. "Viens, viens!" - "komm, komm" -, ruft die Frau ihrem Partner zu, als sie die Gebetsfahnen des Gipfelplateaus erreicht hat. "Ca vaut la peine." Die Mühe lohnt sich wirklich: Der Himmel ist wolkenfrei, von Schnee oder Wind keine Spur, und noch ist fast nichts los hier oben. Erst vier Menschen genießen gerade das Panorama auf einem der besten Aussichtspunkte im Himalaya, den Normal-Trekker ohne Expeditionsausrüstung erreichen können.
Wanderung zum Abhaken
Das Gokyo-Tal genießt - noch - die Gnade der späten Entdeckung. Ein Tal weiter östlich vollzieht sich gerade eine Massenbewegung: Alle Jahre wieder, nach dem Ende des Sommermonsuns, pilgern Tausende Touristen zum berühmten Everest Base Camp. Nepals Sagarmatha-Nationalpark, der auch den Gokyo Ri umfasst, meldet für 2017 Besucherrekorde.
Der Everest Base Camp Trek ist eine Wanderung zum Abhaken. "I just had to tick it off from my list", sagt Elaine. Die Britin, Ende zwanzig, sitzt mit ihrem Freund in einer Berghütte im Gorakshep, 5182 Meter über Normalnull, dem letzten Dörfchen auf dem Weg zum Base Camp. Die beiden sind erschöpft: vom tagelangen Wandern, von der Höhe, von der Kälte. Und ein bisschen enttäuscht sind sie auch, to be honest. Denn an ihrem Zielort, dem Everest Base Camp, war kein einziges Zelt aufgestellt: Die Everest-Saison endet im Mai. Und vom Gipfel haben sie bloß ein kleines Stück erblicken können. Stattdessen gab es jede Menge Steine zu sehen, auf denen sich Besucher mit Filzstiften oder Messern verewigt hatten. Und unterwegs einen Wegweiser mit der Aufschrift "Way to M.T. Everest B.C." Vor diesem Schild lassen sich fast alle Base-Camp-Trekker fotografieren. An manchen Tagen sind es Hunderte.
Lukla - Namche Bazaar - Tengboche - Dingboche - Lobuche - Gorakshep - Camp: Das sind die Stationen des Everest Base Camp Trail. Gut zwei Wochen dauert er, und Bergführern zufolge entscheiden sich etwa drei Viertel der Wanderer im Nationalpark für diese Route - obgleich sie bei Weitem nicht die schönste ist. Wer hier auf Ruhe oder gar Erleuchtung hofft, ist fehl am Platze. Lieber sollte man sich auf Staus einstellen. Denn wenn sich an schmalen Stellen die Yak-Karawanen mit Gasflaschen oder Reissäcken hochwälzen, drängen sich dahinter Scharen von Touristen: gedopt mit Diamox gegen Symptome der Höhenkrankheit, versorgt mit Coca-Cola, Dosenbier und Pringles, erhältlich bei Kiosken und Lodges entlang des Weges.
Der Everest Base Camp Trek teilt das Schicksal vieler berühmter Wanderungen. Wie auch der Inka-Trail in Peru oder der Aufstieg zum Kilimandscharo ist er heillos überlaufen, gerade in der Hochsaison. Dabei gibt es hier in der Khumbu-Region manche Alternative mit weniger Andrang und mehr Aussicht. Allen voran den Weg nach Gokyo.
Links geht's nach Gokyo
Eine Stunde hinter Namche Bazaar, dem Sherpa-Dorf auf 3400 Meter, durch das alle Trekker müssen auf dem Weg vom Himalaya-Flughafen Lukla in Richtung Everest, gabelt sich der Weg: rechts in Richtung Base Camp. Links zum Gokyo-Tal. Hinter der Abzweigung sind keine Wandererkolonnen mehr zu sehen, und der Pfad ist nicht mehr gepflastert. Zunächst schlängelt er sich durch ein Wäldchen, dann am Rand eines baumlosen Abgrunds nach oben: eingerahmt von spektakulären Sechstausendern mit Hunderte Meter dicken Schneekronen. Nach einem Wandertag zeigt sich dann erstmals am Horizont der Cho Oyu, nach drei bis vier Tagen ist Gokyo erreicht.
Fünf Seen umgeben das Dörfchen auf 4800 Meter Seehöhe. Einer, zwei Stunden Wanderung in Richtung Cho Oyu entfernt, bietet einen seltenen Blick auf den Everest. Ein anderer, direkt vor dem Dorf, wechselt je nach Sonnenstand die Farbe: von Tiefblau über Azurgrün bis Pechschwarz. Und wenn er im Sonnenlicht funkelt, ist er die perfekte Kulisse für die Bilder der bunten, einfachen Holzhäuser, in denen die Wanderer nächtigen.
"Ich freue mich noch immer jeden Morgen über die Schönheit dieses Ortes", sagt Chheten Sherpa. Der 27-Jährige betreibt seit drei Jahren eine Hütte in Gokyo, zusammen mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter. Sie alle gehören zur Volksgruppe der Sherpa, die hier in der Region ihr Hauptsiedlungsgebiet hat und schon viele Everest-Bezwinger hervorgebracht hat. Chheten und seine Familie kommen aus Khumjung, rund tausend Höhenmeter und zwei Tage Fußmarsch weiter unten im Tal. In Gokyo halten sie sich nur während der beiden Wandersaisons im Frühjahr und Herbst auf. Dann kochen sie einfache Gerichte wie Dhal Bhat (Linsen mit Gemüsecurry und Reis) oder gebratene Nudeln. Und nachmittags, wenn die Sonne verschwindet und es eiskalt wird, dann kommen die Gäste in den Aufenthaltsraum, zum mit Yak-Dung beheizten Ofen.
Das Geschäft laufe von Jahr zu Jahr besser, sagt Chheten Sherpa. "Die Schönheit von Gokyo spricht sich herum." Aber noch sind hier höchstens ein Viertel so viele Trekker unterwegs wie auf dem Everest Base Camp Trek. Wer dem Berg der Berge ganz nahe kommen will, hat es von hier nicht mehr weit bis zu einem einzigartigen Everest-Aussichtspunkt. Binnen drei Tagen können ambitionierte Himalaya-Fans über den Cho La Pass ins Khumbu-Tal wandern - und dort den 5540 Meter hohen Kala Patthar besteigen. Die Aussicht vom oft schneefreien Trekkingberg ist ähnlich traumhaft wie die vom Gokyo Ri. 360 Grad voller Berge. Und mittendrin der Everest.
Der Kala Patthar ist übrigens nur einen kurzen Abstecher entfernt vom Everest Base Camp Trail. Doch viele Base-Camp-Trekker lassen ihn links liegen, auch die Britin Elaine und ihr Freund. Sie sind zu erschöpft und zu höhenkrank vom Anstieg zum berühmten Camp, in dem sie nicht viel gesehen haben. Und dieser Hügel, der von unten eher unspektakulär aussieht steht nicht auf den Abhak-Listen. Zum Glück.