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4. Etappe - Sardinien
... Umweg über Sardinien - anders komme ich nicht nach Sizilien ...

17.7. Montag: … die Reise geht weiter – Adé Pyrenäen … auf geht’s nach Barcelona. Das Navi schlägt als schnellste Strecke 550 Kilometer mit überwiegend Autobahn vor. Das brauche ich nun gar nicht – es wären 5:50 Stunden. Ich lasse mir eine Alternative berechnen – die nehme ich: 403 Kilometer und 6:03 Stunden. Die paar Minuten machen’s nun auch nicht mehr aus. Aus Erfahrung weiß ich, dass Autobahn Zeitangaben eher zu knapp bemessen sind, da immer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit als Berechnung herangezogen wird. Bei Strecken ohne Autobahn rechnet das Navi etwas dazu, weil es durch Ortschaften geht, viele Kurven dabei sind und es auch andere Tempolimits gibt. Daher bin ich üblicherweise mit der Zeitangabe bei "Nicht-Autobahnen" besser dran.
 
Also los: es geht mal wieder den Col de Tourmalet hinauf – 2.115 Metter. Zwischendurch frage ich mich, wo über Nacht der Steinschlag hergekommen ist. Die Straße ist an einigen Stellen von Steinen übersät. Irgendwann kommt es mir dann, es sind viele Schafe auf Geröllfeldern unterwegs, diese treten die Steine los und die dann auf die Straße hageln. Beim Hinunter vom Col stehen plötzlich Kühe auf der Fahrbahn - also aufpassen. Es hat sich bei den Tieren anscheinend herumgesprochen, dass Wochenanfang ist – am Wochenende war kein einziges Tier zu sehen. Dann der zweite Pass – diesmal eine andere Tiergattung – Esel ;-) – aber auch die versperren die Straße, sind aber unter der Passtafel recht fotogen. Von diesem Pass wieder hinunter, es folgt noch ein kleinerer Pass, bevor es wieder über einen hohen geht. Fast oben angekommen bildet sich eine Schlange – es bläst und ist echt frisch. Ab hier wird durch einen drei Kilometer langen Tunnel der Verkehr nur wechselseitig geführt. Wir müssen ein paar Minuten warten. Nach der Tunneldurchfahrt befahre ich wieder Spanisches Gebiet. Jetzt geht es nur noch bergab und irgendwann liegen dann auch die Pyrenäen hinter mir. Eine tolle Zeit in diesen Bergen und es lohnt sich, irgendwann mal wieder zu kommen.
Im weiteren Verlauf kommt dann auch die Autobahn – noch 190 Kilometer bis nach Barcelona. Irgendwie bin ich jetzt echt froh, dass die Kurverei ein Ende hat. Es waren fast 4 Stunden Pässe, Kurven, rauf und runter – also echt anstrengend. Jetzt geht es dahin, einmal noch Tanken und dann im Endspurt zum Fährhafen.
An der Tankstelle steht ein Motorrad dessen Kennzeichen ich erst nicht zuordnen kann. Die eigentliche Landesherkunft ist bei näherem Hinsehen überklebt – CAT – damit kann ich nichts anfangen – jetzt ist es klar, wir sind ja in Katalonien und nicht in Spanien ;-) – bin mal gespannt, wie das politisch weitergehen wird.
Bevor es zum Fährhafen geht, statte ich Suzuki Barcelona noch einen Besuch ab, mir geht das Kettenöl aus. Ich war irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass ich mit dem vorhandenen Öl die gesamte Reise auskommen würde – leider daneben – also muss ich für Nachschub sorgen. Das ist ein spezielles Öl, was man bei keiner Tankstelle bekommt. Den Generalimporteur in Spanien für dieses Öl habe ich übers Internet ausfindig gemacht.
 
Jetzt sitze ich am Fährhafen, habe mich schon angestellt und warte, dass es dann irgendwann auf die Fähre geht. Mir tut ziemlich der Hintern weh – es waren doch ca. 7 Stunden auf dem Teil heute. Wenn alles verladen ist, ich meinen Ruhesessel eingenommen habe, gönne ich mir ein Bier – das habe ich mir heute echt verdient …
… so, jetzt sitze ich echt hier vor meinem Bierchen. Das Motorrad ist verzurrt, es wollte da keiner helfen – ich hoffe, ich finde es morgen Früh wieder so vor.
 
Es ist jetzt 21:30 und ich mache noch eine Aufnahme vom Schiff über den Hafen in Richtung Barcelona. Wenn man sich anstrengt, sieht man die Sacrada Familia im Hintergrund. 
​Jetzt geht es wirklich los. 23:45, ein paar Minuten noch und ich werde mich zu meinem Pullmann Sessel begeben. Übrigens liegen überall auf der Fähre Leute herum, die ihre Schlafsäcke ausgepackt haben. Selbst Familien mit kleinen Kindern haben eine große Matratze aufgeblasen und liegen irgendwo auf dem Gang herum. So viele Menschen auf den Gängen herumliegend habe ich bisher auch noch nicht erlebt. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich meine Isomatte genommen und mir ebenfalls einen freien Platz gesucht. Die Sessel sind nämlich nicht gerade die bequemsten und der Raum ist vollgestopft mit schnarchenden Leuten.
 
… na dann gute Nacht …

18.7. Dienstag: … erstaunlicherweise habe ich die Nacht ganz gut verbracht – trotz tausender schnarchender Mitfahrer – wahrscheinlich gehöre ich auch zu dieser Gruppe – nicht zu der mitfahrenden, sondern zu der mit dem anderen Adjektiv verbundenen Gruppe ;-).
 
Ich hatte mir also einen freien Sessel gesucht, die Rücklehne heruntergeklappt und mich ins Träumeland begeben. Irgendwann stupst mich jemand an und meint, dieser Platz wäre reserviert – ich wechsele den Platz, bis sich das Spielchen wiederholt. Ich habe wohl nicht auf meine Platznummer geschaut; ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass der Dampfer dermaßen besetzt ist, üblicherweise sind diese Ruheplätze kaum benutzt. Immerhin, nach dem zweiten Wechsel werde ich dann in Ruhe gelassen und wache um 5:45 auf. Das ist eigentlich genug Schlaf. Ich nehme mein kleines Gepäck und gehe auf die Terrasse; dort sind jetzt die meisten Liegestühle frei. Gestern Abend war noch jeder einzelne von Schlafsuchenden besetzt. Jetzt sind es nur noch wenige – zugegeben, es ist etwas zugig, aber mit meinem Schlafsack wäre das kein Problem gewesen. Der hat mit mir als Bewohner schon Temperaturen um 0° erlebt und es war trotzdem angenehm warm. Für das nächste Mal auf einer Nachtfähre im Mittelmeer wird mir das eine Lehre sein, und ich werde mir ebenso einen Platz an Deck mit meinem Schlafsack suchen. Jetzt nutze ich noch eine Liege in einem etwas windgeschützten Platz, lege mich nochmals aufs Ohr und nicke für eineinhalb Stunden ein … das hat nochmal echt gutgetan – eine leichte Brise, die mir dabei um die Nase weht, echt nett …
…. mittlerweile steht die Sonne schon höher und ich setze mich auf einen Stuhl an der Reling – ein friedlicher Guter Morgengruß mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen.

Es ist fast 10 Uhr, ich schlürfe einen Kaffee, bearbeite ein paar Bildchen und befülle den Blog – na zumindest mal im Word vorgeschrieben – Internet gibt es hier nicht – übertragen werde ich es dann heute Abend, nach meiner Tour von Porto Torres, der nördlichen Seite von Sardinien nach Cagliari zur südlichen.
Draußen gibt es „Lärm“ – auf dem Oberdeck spielt es sich ab: Fitness ist angesagt – es dürfte sich dabei um irgendein Event handeln. Es treten Gruppen nacheinander – oder gegeneinander an – das war für mich nicht feststellbar. Naja, jedenfalls geht es um Gymnastik. Eine Zeitlang schaue ich mir das muntere Treiben an, dann ziehe ich mich wieder zur Reling zurück … und plötzlich … Land in Sicht. Von hier wird es noch ca. 1 Stunde dauern bis wir den Hafen erreichen. Zwischenzeitlich geht das muntere Treiben weiter, auch Mini Trampolins werden aufgefahren und auf denen herumgehopst. Okay, das ist böse, es scheint den Beteiligten ja echten Spaß zu machen. 
Wir erreichen pünktlich um 11:30 Porto Torres (manche Schiffe sind ja echt phantasievoll angepinselt – Batman ;-)), es wird ausgeladen und von dort geht es jetzt schnurstracks 230 Kilometer nach Cagliari. So schön die Strände auf Sardinien sind, so entsetzlich fad ist das Hinterland – zumindest im nördlichen Teil. Nichts los – kahle Felder, Spontanbrände mit denen sich die Feuerwehr beschäftigt – es dürfte wirklich schon sehr sehr lange trocken hier sein – es ist nicht besonders heiß, im Landesinneren 31°, das ist sogar erträglich.
In Cagliari angekommen suche ich mir die Reederei und lasse mir für morgen und für meine Buchung ein Ticket ausstellen. Dann muss ich mich morgen früh nicht anstellen. Ich fahre zum Campingplatz, der ist 20 Kilometer vom Hafen entfernt. Dazwischen gibt es keinen einzigen Platz – nur ein Strand an den anderen gereiht. Für Campingplätze ist da kein Platz mehr. Dafür ist dieser hier sehr schön gelegen. Inmitten eines Pinienwäldchens, da werden Erinnerungen an Kroatienurlaube wach.
Das war’s also mit Sardinien. Morgen geht um 10:30 die Fähre und ich muss spätestens um 9 Uhr dort sein, um das Motorrad zu verladen – also zeitiger aufstehen.
 
Ein Bild von der Fähre hat ein ganz besonderes Flair – ist fast schon unheimlich. Es ist ein Schatten der an der Reling stehenden Personen auf der Wasseroberfläche durch die dahinterstehende Sonne. Warum dann noch das Wasser so eigenartig “beleuchtet“ ist, weiß ich nicht – das Bild könnte aber als Cover für einen Kriminalroman herhalten.
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