Einige Zeit später komme ich dann in Alins
an, der Himmel hat sich langsam verfinstert, hoffentlich gibt es keinen Regen – die Straße bei Regen ist sicher nicht so lustig. In Alins
gibt es mitten im Ort einen kleinen Wegweiser: Tor. Ich nehme diese Abzweigung und die Straße geht sehr steil hinauf. Zwar asphaltiert, aber vielleicht gerade mal 2,5 Meter breit. Zwei entgegenkommende Autos passen nur nebeneinander vorbei, wenn der eine Autofahrer sein Gefährt etwas in den Hang stellt. Mit dem Motorrad sollte es aber gehen. Die Straße führt durch Wald, Schluchten, total verwinkelt um irgendwelche Bergblöcke – ob einem etwas von der anderen Seite entgegenkommt, sieht man an vielen Stellen nur im allerletzten Moment; d.h. auf einer Sicht von ca. 10 Metern. Ich hoffe schwer, dass sich jeder an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30km/h hält – sonst sieht es böse aus. Nach ca. 5 Kilometern geht die Asphaltstraße in eine gerippte Betonstraße über. Die hat allerdings deutlich weniger Schlaglöcher, ich fahre nur wie auf einem Waschbrett dahin. Nach weiteren 5 Kilometern ist auch diese Straße zu Ende und es steht ein Schild am Wegesrand, das irgend etwas über Tor
beschreibt. Ab hier gibt es einen Schotterweg und den werde ich definitiv nicht fahren. Schotterwege und Motorrad haben mir schon einmal einen gebrochen kleinen und großen Zehen eingebracht, als ich mit meiner Kiste mal vor längerer Zeit umgekippt bin. Das brauche ich nun wirklich nicht.
Bis hierhin sind mir immerhin zwei Autos entgegengekommen – eigentlich hatte ich noch nicht mal mit diesen gerechnet – echt abenteuerlich. Dort wo die betonierte Straße zu Ende ist, steht ein Mann vor seinem Auto, er fragt mich, wo ich hin möchte und ich antworte nach Tor. Er zeigt den Berg hinauf, das war mir schon klar ;-), ich frage ihn dann, wie viele Kilometer es noch sind und er meint 1-2 Kilometer. Das geht weder richtig auf Englisch noch in sonst einer Sprache, er kann kein Englisch, ich kein Spanisch – aber Hände und Füße, guter Willen eben, und dann ist auch diese Verständigung möglich. Dann kommt aus dem Wald noch ein Mann mit einem Korb dazu. Sie wollten Schwammerln suchen; das, was sie gefunden haben, sind Walderdbeeren, die sie mir zum Kosten anbieten. Ich stelle also mein Motorrad ab und mache mich in meiner Motorradkluft zu Fuß auf den Weg nach Tor. Nach ein paar Metern kommen die Zwei mit ihrem Auto hinterher und laden mich ein, mitzufahren – mir ist nicht ganz klar, ob sie ohnehin nach Tor
wollten oder ob ich in meinem Motorradgewand so eine armselige Figur abgegeben habe. Na jedenfalls steige ich ein und wir fahren den Berg weiter hinauf. Jetzt weiß ich, warum ich es mit meinem Motorrad noch nicht mal versucht habe. Der Weg wird schlechter, riesige, vom Regen ausgewaschene Rinnen tun sich auf, recht große Steine liegen herum - nur gut, dass die zwei Herren einen SUV haben. Es schaukelt uns ordentlich durch die Gegend, dabei kommt aus dem Autoradio irgendeine spanische Musik – nicht übel, aber ziemlich laut. Nach 1,8 Kilometern kommt das erste Haus – das gesamte Dorf besteht ja nur aus 13 Häusern – und jetzt kommt die Überraschung, es gibt ein Restaurant, einen Souvenirshop und es sitzen Leute herum. Es sind zwar nicht viele die in diesem Mini-Dorf unterwegs sind, vielleicht so 15, aber die machen das Dorf gefühltermaßen echt übervoll. Ich frage die Zwei ob sie etwas trinken möchten, bestelle zwei Bier für sie und für mich ein Wasser. Ein wenig gehen wir herum, schauen uns das Dorf an und wenn man diese Geschichte dazu kennt, spürt man regelrecht, was sich hier abgespielt haben muss (auch im Gastraum des Dorfrestaurants) – irgendwie auch gruselig.