Heute geht es also in Richtung Norden. Nach Edinburgh sind es nicht ganz 700 Kilometer, ich werde diese Strecke in zwei Etappen bewältigen. Heute geht es zunächst nach York, wo ich eine Kollegin und liebe Freundin besuchen werde. Sie führt an der University of York
eine Flow Cytometry Core Facility. Bin mal gespannt, was ich dort zu sehen bekommen werde. Das Wetter ist derzeit bewölkt, es ist für den Vormittag allerdings etwas Regen angesagt, sodass ich mich gleich von der Früh weg in mein Regengewand werfen werde, unnötig durchnässt brauche ich nicht werden. Zudem hat es 13 Grad und die Höchsttemperatur für heute ist mit 16 Grad vorausgesagt. Scheinen etwas andere Verhältnisse als auf dem großen Festland zu sein ... britisch eben.
Nach einem Frühstück, ja, das gibt es im Fryatt Hotel & Bar, ziehe ich gleich los. Vier Stunden sollen es werden. An den Linksverkehr habe ich mich gestern schon gewöhnt, die Umstellung fällt leichter als gedacht, ich hoffe, es bleibt auch so. Nach den ersten Kilometern fängt es an zu regnen, nicht viel, aber immerhin. Das kann ja lustig werden, die nächsten hunderte Kilometer - aber weit gefehlt, es lockert auf, die Sonne kommt zum Vorschein, ein traumhaftes Fahren. Es ist zwar wieder nur Autobahn, da auch heute gilt "Der Weg ist das Ziel", die Eindrücke sind trotzdem nett. Felder, Wiesen, Schafe und jede Menge schlechter Straßen; tja, da muss ich durch. Bei manchen Beulen auf der Straße könnte man ohne Übertreibung von einem "Sleeping Policeman" sprechen. Es hebt mich regelrecht aus dem Sattel, hoffentlich holt sich mein Gefährt nichts an den Hufen. Kurz vor York, so um Leeds herum, zwischendurch habe ich Cambridge und Sheffield passiert, zieht sich der Himmel dann zu, und es beginnt ordentlich zu schütten, es sind noch ungefähr 25 Kilometer. Also ist auf meine Wetterapp WeatherPro
doch Verlass, sie hatte es so angekündigt. Was soll's, ich bin wasserdicht und weiter geht's. In York geleitet mich mein Navi zum Campus der Universität; das Wetter wird langsam besser und es regnet nicht mehr wie aus Kübeln. Ich suche den Biologie Abzweig, finde ihn, steige ab und begebe mich dann, mit einem freundlichen Kanadier, zu Karen. Wir gehen alle Räume ab, aber Karen ist unauffindbar. Ich entlasse meinen Hilfsbereiten Begleiter mit einem herzlichen Dankeschön und stehe in der Lobby des Instituts. Ein kurze Anruf von meinem Handy und Karen nimmt mich in Empfang. Zunächst werde ich zum Mittagessen eingeladen - tausend Dank - und dann folgt eine mehr als zweistündige Führung durch die Core Facility. Sehr beeindruckend, was dort herumsteht, besonders Marion und Sabine von unserer Imaging Facility hätten ihre wahre Freude, da bin ich mir sicher! Nach einiger Plauderei, ein paar Hinweisen zur Bestimmung von Exosomen mittels Flow Cytometry, komme ich auch auf die Tagung Alpenflow
der Austrian Society for Cytometry
zu sprechen. Das Programm, welches wir zusammengestellt haben, entspricht sehr gutem internationalen Standard. Karen wird es an den Präsidenten der Britischen Gesellschaft weitergeben, um es auf ihre Homepage zu stellen und auch sonst Werbung betreiben. Vielleicht dürfen wir einige Teilnehmer aus UK begrüßen - würde mich sehr freuen.
Möglicherweise wird die Teilnahme aber durch den dann vollzogenen Brexit komplizierter, hoffe aber nicht. Auf den bevorstehenden Brexit angesprochen, und das ist kein Geheimnis, da sehr sehr viele Briten so denken, gibt Karen eine Theorie kund, die mir ausgesprochen gut gefällt. Eigentlich hätte nach diesem sehr knappen Pro-Brexit Votum eine zweite Abstimmung mit besserer Vorinformation erfolgen sollen. "Nur" die Wahl zu haben zwischen "bleiben" oder "austreten" war einfach zu wenig. Und eine ordentliche Informationspolitik im Vorhinein hat es auch nicht gegeben. ... und die Lügen mit den 300 Millionen britischen Pfund pro Woche kennen wir ja auch ... Daher wäre ein zweites Referendum nach entsprechender Information des Volkes vertretbar gewesen. Diese Möglichkeit, mit der Begründung des ersten sehr knappen Wahlergebnisses, wäre für alle beteiligten politischen Parteien immer noch möglich, ohne das Gesicht zu verlieren. Ein guter Gedanke, wahrscheinlich wird es sich so aber nicht abspielen. Wir werden sehen.
Dann kommt noch Eigenwerbung - genau, diese Homepage - ich gebe die Adresse in den Computer ein und ich traue meinen Augen nicht. Die Seite wird von Google umgehend übersetzt, zumindest für mich liest es sich brauchbar - aber ich bin ja auch kein Nativ Speaker. Sollte das halbwegs akzeptabel sei , was Google dort ausgibt - werde ich mal nachfragen - überlege ich mir, das anschließende Taschenbuch nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch zu bearbeiten.
Um kurz nach 16:30 Uhr mache ich mich wieder auf den Weg, wir verabschieden uns, ins Navi ist Harrogate eingegeben und ich düse los. Gerade mal 40 Minuten und ich sollte in dem York - Nachbarort mein Hotel erreichen. Wenige Meter nach York beginnt sich ein Stau aufzubauen. Es geht nichts mehr, es kommen Autos entgegen, aber in meine Richtung bewegt sich nichts. Kurze Zeit später taucht ein Polizeiauto im Rückspiegel mit Alarmgeheul auf, dem folgt dann noch ein zweites und wenige Minuten später die Feuerwehr. Jetzt kommen auch aus der umgekehrten Richtung keine Fahrzeuge mehr. Es dürfte sich um einen heftigen Verkehrsunfall handeln. Ich drehe auf der Straße um und lasse mir von meinem Navi eine Alternativroute berechnen. Auch auf dieser Variante ist die Hölle los und kurze Zeit später kommt dann auch der Krankenwagen entgegen. Es dürfte also leider nicht bei Blechschaden geblieben sein. Nach ungefähr 30 Minuten Verzögerung erreiche ich "The Yorkshire", mein Übernachtungsquartier. Es scheint ein altehrwürdiges Haus zu sein (siehe unten: Haus und Lobby) was allerdings schon in die Jahre gekommen ist. Es ist mitten in der Stadt gelegen und ich erkunde gleich die Umgebung. In einem Pub mache ich halt, esse noch einen echt guten Cheeseburger mit Pommes, natürlich standesgemäß mit zwei Bier und gehe dann zu meiner Unterkunft.