Zunächst aber ein paar erläuternde Worte zu dem Motto des Museums: "EGON SCHIELE PRIVAT eine biografische Annäherung.
Heute ist Egon Schiele eine international umjubelte Lichtgestalt Österreichs. Die Werke des Jahrhundertkünstlers werden weltweit gefeiert, Ausstellungen seines Schaffens sind Besuchermagneten. Das Egon Schiele Museum begibt sich auf die biografischen Spuren des Künstlers und lässt dabei Menschen zu Wort kommen, die ihn persönlich begleiteten oder sein Schaffen grundlegend erforschen. Es ist verblüffend, wie eng Schiele als urbaner Kunstler, der schon vor einem Jahrhundert die Idee der .vereinigten Staaten von Europa formulierte, der Landschaft verbunden war. Diese Bindung wurde durch sein Schaffen noch vertieft.
Schiele verbrachte fast sein ganzes Leben in Niederösterreich und Wien. Mit welcher Intensität er das Land um Wien verinnerlichte, ist beeindruckend. Im Zentrum dieses Schiele-Kosmos liegt die Geburtsstadt Tulln, wo der Kiinstler mehr als ein Drittel seines | Lebens verbrachte. Dank der bahnbrechenden Neuerung des Zugverkehrs war aus der beschwerlichen Reise nach Neulengbacnh, Krems, Klosterneuburg oder Wien bald ein beschaulicher Ausflug geworden.
Heute können die Landschaften, die in Schieles großartigem Werk festgehalten sind, bequem von Tulln aus besucht werden. Dadurch eröffnet sich eine umfassende Sicht auf die Biografie und das Schaffen des Künstlers, die dem Beziehungsgefüge zwischen Kunst und Leben Rechnung trägt."
Wie der Text schon sagt, wird auf die Biographie des Künstlers Wert gelegt und weniger auf die Ausstellung von Zeichnungen und Gemälden; diese sind an anderen Orten, wie dem Belvedere in Wien zu bewundern.
"1890 - Egon Schiele wird als Sohn des Bahnhofsvorstands in Tulln geboren.
1901 - Nach der Volksschule wechselt Egon Schiele für einige Monate an das Realgymnasium in Krems. Der Bub entwickelt eine Liebe zur Stadt am Tor zur Wachau, die ihn Zeit seines Lebens nicht mehr loslassen wird.
1902 - Schiele wechselt mit dem zweiten Jahr in das neu errichtete Landesrealgymnasium Klosterneuburg. Damit beginnt ein neuer Abschnitt: Die Stadt wird für die nächsten Jahre zum Lebensmittelpunkt des Buben.
1904 - Tragischer Tod des geliebten Vaters an Syphilis. Der Onkel Leopold Czihaczek wird zum Vormund des Buben.
1906 - Beginn des Studiums an der Wiener Kunstakademie. Schiele reibt sich von Beginn an am Akademiebetrieb, erhält dort aber auch Impulse fur sein späteres Schaffen.
1911 - Mit seiner Geliebten Wally Neuzil wohnt Schiele zunächst in Krumau, dann in Neulengbach. Das Lebensumfeld in Neulengbach beeindruckt ihn so sehr, dass er für immer bleiben will.
1912 - Schiele verbringt eine dreiwöchige Untersuchungshaft im Gefängnis Neulengbach. Die ursprüngliche Anklage wegen Kindesentführung und Schändung wird im Urteil auf eine Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit reduziert.
1915 - Heirat mit Edith Harms die mit ihrer Schwester Adele das Haus gegenüber Schieles Wohnung in der Hietzinger Hauptstraße in Wien bewohnt. Schiele wird einberufen und dient im Ersten Weltkrieg im Verwaltungsbereich.
1916 - Versetzung in ein Lager fur russische Kriegsgefangene in Mühling bei Wieselburg, wo Schiele als Schreiber der Offiziersstation eingesetzt wird und Ausflüge in die Umgebung unternimmt. Er malt sein bedeutendstes Landschaftsbild, die 'Zerfallende Mühle'.
1918 - Schiele erlebt mit einer großen Ausstellung der Wiener Secession seinen größten Erfolg. Im selben Jahr stirbt der Künstler 28-jährig nur wenige Tage nach seiner Ehefrau an den Folgen der Spanischen Grippe in Wien."
Der aktuelle zeitliche Bezug zum Tod Egon Schieles ist derzeitig ablaufende CoViD-19 Pandemie, an der bisher ebenfalls mit heutigem Datum mehr als 560.000 Menschen verstorben sind. Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist überdies, dass im Jahr 1918 unter anderem auch Gustav Klimt, Otto Wagner, Peter Rosegger und auch Victor Adler starben.
Im Untergeschoss befindet sich die erste Station des mit Kopfhörern und einem umfunktionierten Handy beginnenden Rundgangs. Hier wird die Geschichte der Familie Klimt dargelegt. Im oberen Stockwerk des ehemaligen Stadtgefängnisses - hier gilt Maskenpflicht - kommen verschieden Persönlichkeiten zu Wort, die mit Schiele und seinem Werk in Kontakt waren oder ihn intensivst beforsten. So auch Alessandra Comini:
"WEGE ZU SCHIELE - Egon Schiele trifft den Zeitgeist in beeindruckender Weise. Er führte — den widrigen Rahmenbedingungen seiner Zeit zum Trotz— ein modernes, selbstbestimmtes Leben. Viele seiner Werke haben einen starken Bezug zur Ästhetik der Gegenwart. Es scheint als waren sie gerade erst entstanden. Seit einem Jahrhundert arbeitet die Forschung daran, Leben und Werk des Künstlers zu verstehen und zu deuten. So unterschiedlich die Zugange, so reich sind die Facetten einer Gesamtsicht auf sein Oeuvre, und das ist nicht zuletzt dessen künstlerischer Größe geschuldet. Die Einzigartigkeit und die Rätselhaftigkeit seiner Kunst bieten sich als Ausgangspunkt für weitere hundert Jahre der Forschung an, die mit Sicherheit neue Entdeckungen und Erkenntnisse Zutage fördern wird.
ALESSANDRA COMINI - eine Reise, die Geschichte schrieb. Die Egon-Schiele-Pionierin Alessandra Comini
kam als junge Wissenschaftlerin aus Dallas/Texas nach Wien, um ihr künftiges Forscherleben jenem Kunstler zu widmen, den sie in einer kleinen Ausstellung In Berkeley/Kalifornien kennengelernt hatte. An einem sonnigen Augustmorgen des Jahres 1965 mietete sie einen Volkswagen und brach zu einer mittlerweile legendären Reise durch Schieles Niederösterreich auf. Comini machte Station in Klosterneuburg, Tulln und Neulengbach, später kamen Krems und Mühling dazu. Sie besuchte das Gymnasium in Klosterneuburg, die Geburtswohnung in Tulln und das Gefängnis in Neulengbach, wo Schiele 21 Tage lang eingesperrt gewesen war.
An jenem ereignisreichen Tag, den Comini als Höhepunkt ihres Forscherlebens bezeichnet, machte sie Fotos an allen Orten und schickte sie den Schwestern Egon Schieles. Es kam zu Treffen mit Melanie und Gerti sowie mit Schieles Schwagerin Adele. Dabei entstanden langjährige Freundschaften und einzigartige Tonband-Interviews, die einen authentischen, sehr persönlichen Buick auf das Leben des Künstlers ermöglichen."
Diese Interviews sind auszugsweise u hören und eröffnen dem Zuhörer ein sehr gutes Bild auf das Leben und das Werk von Egon Schiele.